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   04 | 2001 Objekte Skulptur in Österreich nach ´45

BELVEDERE
Atelier Augarten
Zentrum für zeitgenössische Kunst
der Österreichischen Galerie Belvedere
Eröffnungsausstellung

Objekte
Skulptur in Österreich nach ´45

Die Künstlerliste

Christian Ludwig Attersee
Joannis Avramidis
Josef Bauer
Wander Bertoni
VALIE EXPORT
Padhi Frieberger
Heinz Gappmayr
Marcus Geiger
Bruno Gironcoli
Roland Goeschl
Swetlana Heger/Plamen Dejanov
Hans Hollein
Alfred Hrdlicka
Kiki Kogelnik
Peter Kogler
Brigitte Kowanz
Marko Lulic
Dorit Margreiter
Hermann J. Painitz
Walter Pichler
Florian Pumhösl
Michael Schuster
Curt Stenvert
Thomas Stimm
Octavian Trauttmansdorff
Lois Weinberger
Franz West
Fritz Wotruba
Heimo Zobernig

16. Mai - 16. September 2001

Atelier Augarten
Scherzergasse 1a
1020 Wien

Presseführung
15/5/01, 11.30 Uhr, Shuttlebus ab 11.00 Uhr von Albertinaplatz, 1010 Wien (Columbus)
Eröffnung
15/5/01, 19.00 Uhr

Am 15. Mai 2001 wird das Atelier Augarten nach eineinhalbjähriger Bauzeit wieder der Öffentlichkeit zugänglich
gemacht. Die Österreichische Galerie Belvedere freut sich, die Neueröffnung des Atelier Augarten bekanntgeben zu
dürfen. Das aus mehreren Gebäuden bestehende Areal wurde 1956 von Georg Lippert (1908-1993), u.a. Architekt
des Opernringhofes (1956) und des Hoffmann-La Roche Gebäudes (1967) in Wien, für den Bildhauer Gustinus
Ambrosi errichtet. Nach einem architektonischen Konzept der Architektin Susanne Zottl ist die Baustruktur nun
komplett neu gestaltet worden.

Das Atelier Augarten präsentiert sich nun in einer neuen, besucherfreundlichen Atmosphäre. Ein Café, ein
Seminarraum und eine großzügige Artist-In-Residence Wohnung werden die Attraktivität des Geländes erheblich
steigern. Die Künstler-Wohnung wird künftig einer/m KünstlerIn jeweils für ein halbes Jahr zur Verfügung stehen.

Kern und zentrale Bestimmung des Gebäudes sind die ehemaligen Atelierräume, die sich nun als moderne
Ausstellungshalle für zeitgenössische Kunst präsentieren.
Die großzügige Anlage trägt ab sofort den Namen

Atelier Augarten.
Zentrum für Gegenwartskunst
der Österreichischen Galerie Belvedere

Verschiedene architektonische Eingriffe wie etwa Vorsatzschalen vor den bestehenden Wänden, bereichern die
Räume nicht nur ästhetisch sondern auch funktional. Sie bieten Platz für Stellwände und Haustechnik. Die
Architektur ist mit zeitgemäßen musealen, ausstellungs- und sicherheitstechnischen Standards ausgestattet. Die
Räume beeindrucken durch ihre lichten Volumen und die schrägen Dachflächenfenster, die den Blick in die
Gartenanlage freigeben.

Die Eröffnungsausstellung
Objekte. Skulptur in Österreich nach '45

Als erste Ausstellung des neuen Atelier Augarten zeigt die Österreichische Galerie Belvedere einen Überblick des
skulpturalen Schaffens in Österreich von 1945 bis zur Gegenwart. Die Schau nimmt Bezug auf die ursprüngliche
Widmung der Räume als Bildhauerateliers.
Der Titel Objekte zollt der Tatsache Rechnung, dass sich das raumplastische Schaffen während der zweiten Hälfte
des 20. Jahrhunderts grundlegend geändert hat. Neue Techniken, Medien und künstlerische Innovationen haben den
an Material und Figur gebundenen Begriff der Skulptur ab den 60er Jahren einer Erweiterung und Radikalisierung
ausgesetzt. Dinge des Alltags, Modelle, der eigene Körper und mediale Repräsentationen traten an die Stelle der
herkömmlichen Plastik.

Die Ausstellungskonzeption, die vom Kurator für zeitgenössische Kunst der Österreichischen Galerie Belvedere,
Thomas Trummer, erstellt wurde, sieht vor, einzelne Räume nach thematischen Gesichtspunkten
zusammenzustellen. Innerhalb dieser Räume wird es keine chronologische oder stilistische Ordnung geben, sondern
bestimmte Gesichtspunkte plastischen Schaffens werden mit Hilfe einzelner ausgewählter Aspekte angesprochen.
Themen wie "Die Röhre", "Das Wiener Interieur", "Der Buchstabe", und "Der Kalte Krieg" werden den Leitfaden
für diesen aspekthaften Streifzug bilden. Jeder dieser Räume wird zudem von einer/m KünstlerIn gestaltet und
eingerichtet.
Die Räume

Der Kalte Krieg

“Der Kalte Krieg³ ist ein wesentlicher Abschnitt in der politischen Geschichte seit dem Zweiten Weltkrieg. Die
Auseinandersetzung zwischen Ost und West findet erst spät expliziten Ausdruck in der bildenden Kunst. Das größte
in dem von Marko Lulic eingerichteten Raum befindliche Objekt ist ein Modellkampfjet aus Aluminium. Nur
wenige Wochen vor dem Fall der Mauer, wird dieses Objekt von Michael Schuster im steirischen herbst '89
erstmals ausgestellt. Zwei Ausschneidebögen (einer sowjetischen MIG und einer amerikanischen Phantom) wurden
übereinandergelegt und über Siebdruckverfahren vergrößert. Curt Stenvert sieht sich als Aktivist im Zeichen eines
engagierten Humanismus. Spielzeugpanzer aus Plastik attackieren in einem Schaukasten die Kultur in Form von
zwei Violinen. Ausrangierte amerikanische Fliegerbomben verwendet Kiki Kogelnik bereits am Anfang der 60er
Jahre für ihre Love Bombs³, die sie zu Friedenszeichen umarbeitet und die als Vorboten der Flower Power
Bewegung gelesen werden können. Nachbildungen finden sich auch im Werk von Marko Lulic. Eine Bar mit dem
Titel Bife Tito³ ist ein leicht verzerrter Nachbau der Brücke zwischen dem dalmatinischen Festland und der Insel
Krk, die während ihrer Erbauungszeit (1979/80) wegen des weltweit größten Brückenbogens international als
Ingenieursleistung bewundert wurde. Eine männliche Aktfigur, die sich in der Art des Michelangelo aus dem Block
windet, ist ein Abguss der Abschlussarbeit des politisch engagierten Bildhauers Alfred Hrdlicka. Sie steht im
Gegensatz zur Arbeit des kaum bekannten Padhi Frieberger im Zeichen eines figuralen Realismus. Frieberger
verarbeitet in einem frühen Relief die Nachkriegserfahrungen. Seine um 1960 entstehenden Objektcollagen sind
eine Vorwegnahme vieler Aspekte der informellen Plastik und der Arbeiten von Franz West, der das Thema des
Kalten Krieges³ an seine zweiteilige Skulptur mit Ohren assoziierte.

Das Wiener Interieur

Der anschließende Raum, von Florian Pumhösl eingerichtet, beschäftigt sich mit der Geschichte der Inszenierung
und modellhaften Darstellung. Gezeigt werden unter anderem Lois Weinbergers "Einfriedung" (1994) ein
"Objektbild mit roten Gummisandalen" (1974) von Franz West sowie VALIE EXPORTS "Der Ort des Menschen".
Besondere Aufmerksamkeit wird hier einem Werk von Fritz Wotruba gelten, dem Szenenmodell "König Oedipus",
(1965) das dessen weniger bekannte Arbeit für die Bühne dokumentieren soll. Hans Hollein wird mit einem Modell
eines Stadtkontenpunktes³ (1961) vertreten sein. Zu sehen ist auch das Video "Zu Wohnung" (1994) von Octavian
Trauttmansdorff, in dem der Beobachter langsam mitverfolgt, wie das Inventar einer "betreuten Wohnung" in einer
Sozialeinrichtung für Männer in sich zusammenbricht ist ebenfalls Teil des Raumes

Buchstaben

Buchstaben sind weder figürlich noch abstrakt. Sie sind Zeichen, die auf Konventionen beruhen. In der Geschichte
der Skulptur können Buchstaben in verschiedenen Kontexten auftreten. Wander Bertonis drei Objekte aus dem
Imaginären Alphabet" stehen in der Tradition der Konkreten Kunst (vor allem Das chromatische B³). Es geht um
formale Probleme, aber auch um die Visualisierung von Lautgebilden. In Christian Ludwig Attersees
Buchstabenprothesen³ finden die Arbeiten der Wiener Gruppe, denen Bertoni nahe steht, einen ersten ironischen
Kommentar. Erst ab den späten 60er Jahren werden Text und Sprache zu eigenständigen bildkünstlerischen Mitteln,
die vor allem zur Selbstdeutung und Selbstreflexion der Kunst herangezogen werden. So in der Arbeit des Linzers
Josef Bauer, dessen A³ sich als schiefe Ebene in die Architektur einschreibt oder in dem Brotalphabet³ von
Hermann J. Painitz, das Kodierung und Dekodierung lehrhaft veranschaulicht. Heinz Gappmayrs monumentaler
Winkel, der als Folie auf die Südwand des Ateliers geklebt wurde, wird in diesem Kontext als liegendes L³ gelesen.
Beim “Grenzstein³ Roland Goeschls geht es um den harten Gegensatz der Farben Rot und Gelb zum Umfeld der
Natur. Lois Weinbergers Wanne zeigt ebenfalls die Beschäftigung mit der Natur. Auf einer Fotografie ist eine
(mittlerweile zerstörte) Wanne zu sehen, die als Entwurf für eine Gartengestaltung diente. Moose und Flechten
haben von dem Objekt Besitz ergriffen und die Buchstaben, die für Abstraktion und diskursives Denken stehen,
teilweise porös werden lassen. Ein M³ an der Wand, gestaltet von Heger / Dejanov, das in rot und blau lackiert
wurde, steht für die Sportwagenklasse des Automobilherstellers BMW und ist eine Vergrößerung des Heckemblems
dieser Fahrzeuggruppe. Das grobe Stellwandsystem in der Mitte des Raumes ist ein Aufbau, den Marcus Geiger, der
für diesen Raum verantwortliche Künstler, für Heimo Zobernig gefertigt hat. Die Platten, die in Normmaßen gekauft
und verarbeitet wurden, zeigen räumlich Signatur und Datierung des Werkes HZ01³.

Röhre

Die Skulptur ist seit alters her der Säule verwandt. Rundansichtig und zumeist vertikal aufgerichtet oder aus dem
Zusammenhang mit der Architektur leitet sich dieser Topos. Er ist im wesentlichen auch für die Wotrubaschule
bestimmend. Joannis Avramidis¹ Dreifigurengruppe³ entsteht durch Längsschnitte durch die stehende Figur. Es
entstehen charakteristische Achsenteilungen und Volumensegmente, die zu einer Kunstfigur verdichtet werden. Ab
den 60er Jahren kommt es zu einem Paradigmenwechsel. Neue Materialien wie Kunststoff und Aluminium,
Information, Verkehr, sowie die Vorstellung, dass Körper und Bewusßtsein erweiterbar sind, treten an die Stelle
eines starren und reglosen Menschenbildes. Bruno Gironcolis Tubus ist zugleich als maschinelle Ankoppelungsstelle
wie als mächtige organische Leibesöffnung zu lesen. Walter Pichlers Sechs Säulen³ aus der Serie der Prototypen³,
die bis 1969 entstehen, ist ein Objekt, das sich durch pneumatischen Druck selbst aufrichtet. Die Idee von
Kanalisation und Transformation, also der Wechsel vom Paradigma der Säule zur durchlässigen Röhre, ist auch ein
Kennzeichen im Werk von Brigitte Kowanz und Peter Kogler. Kowanz bündelt abgefinsterte Neonröhren zu
skulpturalen Zylindern. Die Öffnungen beschreiben über das Morsealphabet das Wort Lichtgeschwindigkeit³.
Riesenhafte Stämme, die als Tapeten von Peter Kogler an die Wand affichiert wurden, durchmessen den ersten der
beiden Räume. Ihre silbrigen Oberflächen wirken wie unter Säureeinfluss zersetzt. Diese Arbeit Koglers nimmt
ebenso konkret auf die Skulptur von Avramidis Bezug wie jene von Heimo Zobernig, der in einer Videoprojektion
eine zeitgemäße Paraphrase vorführt. Zobernig hat sich selbst mit blauen Folienstreifen beklebt, in die mittels des
Bluebox-Prinzips andere Bildmotive eingespielt werden können. Die Klebestreifen bewirken aber eine ähnliche
Körpersegmentierung wie diejenige der Bronzestatue des Avramidis.

 

Kunstvermittlung u. allg. Infos
Publikumsbetreuung Belvedere
Brigitte Hauptner, Tamara Loitfellner
T /F ++43/1/79 557-134
public@belvedere.at
Führungen
T ++43/1/79 557-134
Öffnungszeiten
Di bis So 10 bis 18 Uhr, Mo geschlossen
Pfingstsonntag, 3. Juni, Pfingstmontag 4. Juni,
Staatsfeiertag, 1. Mai und Mariä Himmelfahrt, 15. August 2001 geöffnet, Dienstag, 5. Juni 2001 geschlossen
Website
www.belvedere.at
Eintrittspreise
Atelier Augarten Normal ATS 60.- Ermäßigt ATS 30.-
Karte für alle Sammlungen Normal ATS 100.- Ermäßigt ATS 70.-
Katalog
Zur Ausstellung erscheint ein 400- seitiger Katalog
Preis: ATS 280.-

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Klaus Pokorny
Österreichische Galerie Belvedere
Public Relations
T. ++43/1/79 557-178 F. - 113
pokorny@belvedere.at
www.belvedere.at